Der Deppenapostroph: Warum er weiterhin falsch ist
In den letzten Wochen hat der sogenannte Deppenapostroph für viel Aufsehen gesorgt. Diverse Tageszeitungen haben mit grossen Schlagzeilen suggeriert, dass er mit dem neuen amtlichen Regelwerk nun offiziell erlaubt sei.
- Der österreichische Standard hat festgehalten: «Deppenapostroph wird amtlich».
- Die deutsche Bildzeitung hat geschrieben: «Deppen-Apostroph ist jetzt erlaubt.»
- Und der Schweizer Tagesanzeiger hat getitelt: «Deppenapostroph ist neu korrekt».
Das ist eine Zeitungsente. In diesem Blogbeitrag erkläre ich, warum der Deppenapostroph weiterhin nicht regelkonform ist.
Was ist der Deppenapostroph?
Ein Deppenapostroph ist ein Apostroph, der an einer Stelle gesetzt wird, wo er nicht hingehört. Besonders häufig tritt er beim Mehrzahl-s und beim Genitiv-s auf.
Mehrzahl-s ohne Deppenapostroph
Eine Variante, um im Deutschen bei einem Substantiv die Mehrzahl zu bilden, ist das Plural-s:
- CD wird zu CDs
- Echo wird zu Echos
- Wir haben die Müllers (= die Familie Müller) zum Essen eingeladen.
Ein Deppenapostroph wäre nun, wenn man vor diesem Plural-s einen Apostroph setzen würde: CD’s, Echo’s, die Müller’s. Auch im neuen amtlichen Regelwerk gibt es keine Regel, die hier einen Apostroph erlauben würde. Somit ist bereits bewiesen: Die Aussage der verschiedenen Zeitungen, dass der Deppenapostroph neu erlaubt sei, ist falsch.
Genitiv-s ohne Deppenapostroph
Im Deutschen wird der Genitiv bei Substantiven mit -s gebildet:
- des Kaisers neue Kleider
- Pauls Fahrrad
- Wegen des schlechten Wetters
Auch hier wäre ein Apostroph falsch (Kaiser’s, Paul’s, Wetter’s). Die Grundregel für das Genitiv-s hat sich mit dem neuen amtlichen Regelwerk nicht verändert. Varianten mit Apostroph sind folglich nicht regelkonform.
Präzisieren muss man aber, dass es den Apostroph beim Genitiv in einigen Fällen tatsächlich gibt, zum Beispiel bei Personennamen, die auf einen s-Laut enden.
- das Fahrrad von Andreas = Andreas’ Fahrrad
- das Auto von Moritz = Moritz’ Auto.
Der Spezialfall: Genitiv-Apostroph bei Eigennamen
Die falsche Behauptung der erwähnten Zeitungen, der Deppenapostroph sei neu erlaubt, basiert wahrscheinlich auf einer Erläuterung zu § 80 des amtlichen Regelwerks, die besagt:
Die Verwendung des Apostrophs zur Abgrenzung des Genitiv-s bei Eigennamen ist möglich, wenn die Gesamtkonstruktion ein Eigenname ist.
Wenn beispielsweise Andrea einen Blumenladen besitzt, kann der Apostroph bei «Andrea» gesetzt werden:
- Andrea’s Blumenladen
Natürlich ist es auch korrekt, die übliche Genitivform zu nutzen:
- Andreas Blumenladen
Der Apostroph im ersten Fall soll dazu dienen, dass man optisch schneller erkennt, dass die Person Andrea heisst und nicht Andreas. Man kann natürlich darüber streiten, ob es diese Spezialregelung braucht, denn wenn der Blumenladen dem Andreas gehört, dann muss konsequenterweise der Apostroph am Schluss gesetzt werden:
- Andreas’ Blumenladen
Unabhängig davon, ob man diese Spezialregelung als sinnvoll erachtet oder nicht, sie ist nicht neu, wie diverse Zeitungen behauptet haben. Schon im alten amtlichen Regelwerk von 2018 konnte man diesen Fall in den Erklärungen zu § 97 finden, wo als Beispiel «Carlo’s Taverne» erwähnt ist. Die Regeln wurden also bereits bisher so ausgelegt, dass der Apostroph zur Abgrenzung des Genitiv-s bei Eigennamen gesetzt werden kann (nicht muss!).
Fazit zum Deppenapostroph
Der Deppenapostroph bleibt weiterhin falsch und an den Regeln hat sich nichts verändert.
Video zum Deppenapostroph
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