Neue amtliche Rechtschreibung 2024: Was hat sich geändert?
Am 20. August 2024 ist der neue Duden in der 29. Auflage erschienen (https://amzn.to/4cPZQEu*). Damit ist die amtliche Rechtschreibung der deutschen Sprache aktualisiert worden. In diesem Blogartikel erfahren Sie, was sich geändert hat und was Sie beachten sollten.
Wer legt die Rechtschreibung fest?
Die Grundlage für den neuen Duden ist das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung. Dieses wird vom Rat für deutsche Rechtschreibung herausgegeben. Der Rat besteht aus Fachleuten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein sowie aus Vertretern aus Südtirol, Belgien und Luxemburg. Der Rat beobachtet die Schreibentwicklung der deutschen Sprache und passt das Regelwerk entsprechend an. Das neue Regelwerk ist seit dem 1. Juli 2024 in Kraft. Es ist online einsehbar oder kann als PDF heruntergeladen werden: https://www.rechtschreibrat.com/regeln-und-woerterverzeichnis/
Das neue Regelwerk enthält einige Neuerungen und Aktualisierungen bei der Rechtschreibung, die nachfolgend kurz zusammengefasst sind.
Neues amtliches Wörterverzeichnis
Das Regelwerk besteht aus zwei Teilen: einem Teil mit den Rechtschreibregeln und einem Teil mit einem Wörterverzeichnis.
Das Wörterverzeichnis soll vor allem orthografische Zweifelsfälle klären, also Wörter, bei denen man nicht sicher ist, wie sie geschrieben werden. Das Wörterverzeichnis wurde überarbeitet und enthält nun mehr Wörter, vor allem neue Fremdwörter aus dem Englischen, wie zum Beispiel Fake-News (auch korrekt: Fake News oder Fakenews).
Auf der anderen Seite wurden auch einige Wörter aus dem Verzeichnis gestrichen, die sich in der Praxis nicht durchgesetzt haben, zum Beispiel Jogurt, Spagetti oder Tunfisch.
Der Regelteil des amtlichen Regelwerks wurde ebenfalls überarbeitet und an die beobachtete Schreibentwicklung angepasst. Einige Beispiele sind:
Verbindungen von nicht + Adjektiv
Die Schreibung von Verbindungen von nicht mit einem Adjektiv hat folgende Änderung erfahren: Hier ist nun auch die Variante mit Bindestrich erlaubt, zum Beispiel: nicht-öffentlich (nebst nichtöffentlich oder nicht öffentlich)
Deutsche Flexion von englischen Verben
Bei Verben aus dem Englischen gilt nun die deutsche Flexionsendung, zum Beispiel beim Verb mailen: ich maile, du mailst, sie mailt etc. Beim Partizip Perfekt muss es deshalb lauten: «Wir haben die Nachricht gemailt» (nicht: gemailed). Es gibt aber zwei Ausnahmen für das Partizip II:
- Bei Verben, deren Infinitiv mit einem stummen -e endet, ist auch die englische Schreibweise des Partizip II korrekt: Beispielsweise endet das englische Verb to like mit einem stummen -e, weshalb geliked ebenso korrekt ist wie gelikt.
- Bei Verben, die in erster Linie unflektiert genutzt werden, ist die ursprüngliche, englische Variante des Partizip II im Deutschen ebenfalls erlaubt. Zum Beispiel wird das Partizip II «overdressed» in erster Linie unflektiert genutzt. Entsprechend darf man scheiben: «Er ist overdressed», aber auch: «Er ist overdresst».
Bei Unsicherheit empfehle ich, immer die deutsche Variante zu nutzen (overdresst statt overdressed), denn diese ist gemäss Regelwerk immer korrekt.
Gross- und Kleinschreibung bei Zusammensetzungen
Die Gross- und Kleinschreibung von festen adverbialen Fügungen aus einer Fremdsprache, die Teil einer substantivischen Zusammensetzung, hat folgende Änderung erfahren: Hier darf man nun die Substantive aus der Fremdsprache auch grossschreiben, zum Beispiel A-Cappella-Chor oder Last-Minute-Angebot statt wie bisher nur A-cappella-Chor oder Last-minute-Angebot.
Zeichensetzung – Komma bei erweitertem Infinitiv mit zu
Das Kapitel zur Zeichensetzung wurde vom Rat für deutsche Rechtschreibung komplett überarbeitet, gestrafft und neu strukturiert. Es gibt nun statt 39 nur noch 14 Paragraphen zum Thema Interpunktion. Die grundlegenden Regeln für die Kommasetzung haben sich aber nicht geändert, mit einer kleinen Ausnahme: Der erweiterte Infinitiv mit zu muss nun wieder verbindlich durch Komma abgetrennt werden, zum Beispiel: «Ich habe versucht, ihn anzurufen».
Gendergerechte Sprache: Wortbinnenzeichen nicht erlaubt
Das letzte und wohl umstrittenste Thema betrifft die gendergerechte Sprache. Im neuen amtlichen Regelwerk gibt es einen zusätzlichen Abschnitt zu Sonderzeichen im Wortinnern, wie zum Beispiel Doppelpunkt, Genderstern, Unterstrich etc. Diese werden oft im Sinne einer gendergerechten Sprache angewendet, um alle Geschlechter anzusprechen. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hält dazu fest:
«Diese Wortbinnenzeichen gehören nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie.»
Das bedeutet, dass diese Schreibweisen orthografisch falsch sind. Allerdings ändert sich dadurch in der Praxis wohl nicht viel, denn wer bisher auf solche Schreibweisen verzichtet hat, wird auch in Zukunft darauf verzichten – und wer bisher beispielsweise den Genderdoppelpunkt genutzt hat, wird dies auch in Zukunft tun.
Wie lange gilt die Übergangsfrist?
Das neue amtliche Regelwerk ist seit dem 1. Juli 2024 in Kraft und dafür gibt es seit dem 20. August 2024 auch den neuen Rechtschreibduden (https://amzn.to/4cPZQEu*).
Ich empfehle, die neuen Regeln ab sofort anzuwenden. Die zuständigen staatlichen Stellen können allerdings eine Übergangsfrist definieren, insbesondere ab wann die angepassten Regeln in der Schule verbindlich sind. In der Schweiz und in Deutschland gilt eine Übergangsfrist bis zum Schuljahr 2027/2028.
- CH: Beschluss EDK: https://www.edk.ch/de/dokumentation/rechtstexte-beschluesse/beschluesse?highlight=ed669c356024428e9090e2d57902005a
- DE: Medienmitteilung KMK: https://www.kmk.org/presse/pressearchiv/mitteilung/anpassung-des-amtlichen-regelwerks-fuer-deutsche-rechtschreibung.html
In Österreich haben ich auf die Schnelle keinen entsprechenden Beschluss gefunden, aber ich gehen davon aus, dass auch in Österreich diese rund dreijährige Übergangsfrist angewendet wird.
Video zur neuen deutschen Rechtschreibung
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Ich empfehle:
DUDEN: Die neue deutsche Rechtschreibung*
DUDEN: Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle*
DUDEN: Komma, Punkt und alle anderen Satzzeichen*
Speziell für die Schweiz:
Speziell für Österreich:
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